Kapo St.Gallen: Ein Jahr Notrufortung der neusten Generation

Am 25. Oktober 2023 hat das Einsatzleitsystem der Kantonalen Notrufzentrale St.Gallen ein Softwareupdate erhalten.

Das ist an und für sich kein spektakulärer Vorgang und kommt regelmässig vor. Doch dieses Update hatte es in sich. Seither können die Standorte von Hilfesuchenden über die Notrufnummern fast auf den Meter genau geortet werden. Der erste Einsatz liess nicht lange auf sich warten. Ein Erfahrungsbericht von einem Jahr Notrufortung der neusten Generation.

Kaum war das Softwarepaket installiert, konnte sich die Notrufortung der neusten Generation tags darauf gleich unter Beweis stellen. Ein Anruf auf die Notrufnummer 117 wurde von einem Notrufdisponenten der Kantonspolizei St.Gallen entgegengenommen. Am anderen Ende der Verbindung schilderte eine Person, dass sie keinen Sinn in ihrem Leben mehr sehe und diesem nun ein Ende setze, woraufhin die Person den Anruf beendete. Die Notrufortung zeigte einen Standort an. Einsatzkräfte wurden dorthin disponiert. Zum Glück rasch genug. Die Person, die den Notruf gewählt hatte, konnte angetroffen werden. Gerade noch rechtzeitig. Die Umsetzung des Vorhabens stand kurz bevor.

In der gleichen Woche wählte eine Person den Notruf, die gerade eine schlimme Entdeckung gemacht hatte. Der Anblick einer verstorbenen Person hatte die anrufende Person in einen solchen Ausnahmezustand versetzt, dass eine Adressangabe trotz allem Geschick der Disponentin bei der anrufenden Person nicht herauszubekommen war. Auch dieser Anruf hatte eine Standortangabe an einem abgelegenen Ort im Kanton St.Gallen mitgeliefert. Die Einsatzkräfte konnten so punktgenau zur anrufenden Person geleitet werden.

Auch nach der Anfangsphase leistet die Notrufortung täglich hilfreiche Dienste. Zum Beispiel bei den vielen Notrufen von ortsunkundigen Personen mit Standortangabe wie „irgendwo auf der Autobahn“, „irgendwo im Ort XY“ oder „auf dem See“. Die Zeiten, in denen die Ortsangabe lange Zeit eines Notrufs einnimmt oder gar Patrouillen lange nach dem effektiven Einsatzort suchen müssen, sind somit quasi Geschichte geworden. Die Disponentinnen und Disponenten der Kantonalen Notrufzentrale St.Gallen sind sich unisono einig, dass die Notrufortung ein Gewinn für alle ist.

Eine Gesetzesänderung für eine höhere Notrufqualität

Die Neuerung der Notrufortung wurde mit einer Gesetzesanpassung möglich, nämlich mit dem Inkrafttreten von Art. 29a der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) am 1. Juli 2022. Seither sind die Mobilfunkbetreiber verpflichtet, genauere Standortdaten bei Notrufen zu ermitteln und den Notruforganisationen zur Verfügung zu stellen (Advanced Mobile Location; AML). Hierzu muss die geräte- und betriebssystemeigene Ortungsfunktion des Endgeräts aktiviert sein. Die Ermittlung der genauen Standortdaten erfolgt dabei über Ortungsfunktionen des Geräts (zum Beispiel Smartphone), welche auf satelliten- und WLAN-basierten Daten beruhen. Gemäss Art. 7 Abs. 3 Bst. g der Fernmeldeanlageverordnung (FAV) in Verbindung mit Anhang 1 Ziff. 6 der Verordnung des BAKOM über Fernmeldeanlagen (VFAV) müssen Smartphones die Ortung der anrufenden Person bei Notrufen gewährleisten, indem sie WLAN-Daten sowie Daten eines globalen Navigationssystems (Global Navigation Satellite System, GNSS) verarbeiten, die mindestens mit dem europäischen Galileo-System kompatibel sind. Die Schweiz übernimmt damit die Regelungen der entsprechenden EU-Verordnung (EU) 2019/320. Die Notrufzentralen waren verpflichtet, bis Ende 2023 ihre Systeme dahingehend anzupassen, damit solche Ortungsangaben auch in den Einsatzleitsystemen empfangen werden können. Die Kantonale Notrufzentrale St.Gallen hat per Ende Oktober 2023 die nötigen Systemanpassungen definitiv eingeführt. Seither werden die Notrufnummern 112 (auch eCall ab Fahrzeugen), 117, 118 und 144 ab Mobiltelefonen geortet.

Werde ich nun dauernd geortet?

Wichtig zu wissen bei der Notrufortung ist, dass die Übermittlung des Standortes nur bei einem aktiv an eine Notrufnummer getätigten Anruf erfolgt und auch nur der Standort zum Zeitpunkt des Anrufs weitergegeben wird.

Fährt eine anrufende Person beispielsweise auf der Autobahn oder ist mit dem Zug unterwegs, so können die Disponentinnen und Disponenten nicht den zurückgelegten Weg zurückverfolgen, sondern sehen nur, an welchem Punkt der Notruf initial abgesetzt wurde. Die Notrufortung ist somit kein Überwachungsinstrument, sondern ein Hilfsmittel zur schnellen Aussendung von Hilfe durch Einsatzkräfte.

Die Ortung von Mobiltelefonen, zum Beispiel in Vermisstenfällen, basiert auf einer anderen rechtlichen Grundlage und bedarf der Verfügung durch eine verfügungsberechtigte Person, wie beispielsweise einem Polizeioffizier oder in Straffällen der Staatsanwaltschaft.

 

Quelle: Kantonspolizei St.Gallen
Titelbild: Symbolbild © Kantonspolizei St.Gallen

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